Pomalo – eine Geschichte für alle, die dem Alltag entfliehen möchten…

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– vielen Dank für’s „Daumen hoch“ und das „rote Herz“ 😉

Im kleinen Dorf Zaglav, auf der Insel Dugi Otok, hatten Sieglinde und Karl, ein deutsches Rentnerehepaar, vor einiger Zeit beschlossen, ein altes Steinhaus zu kaufen und zu renovieren.

Sie planten im Sommer zwei Zimmer zu vermieten – ein willkommenes Nebeneinkommen.

Nachdem Karl bereits im Herbst den allseits bekannten Bauunternehmer Ivan aus Sali engagiert hatte, um eine neue Terrasse zu bauen, fragte er den Handwerker im darauffolgenden Frühjahr bei einem Treffen in Inselstadt ungeduldig:

„Ivan, wann wird die Terrasse fertig sein? Ich erwarte nächste Woche die ersten Gäste.“

Ivan, der im Kaffee an der Mole gerade seinen dritten Espresso in aller Ruhe genoss, und eine Zigarette drehte, zuckte mit den Schultern und antwortete gelassen:

„Ma, pomalo, Herr Karl! Nema problema!  Vielleicht in zwei Wochen, vielleicht in drei Wochen. Der Stein kommt mit der Fähre – wenn er da ist, wenn die Sonne gut ist, wenn meine Frau mir erlaubt, lange zu arbeiten… Wir werden sehen.“

Karl wusste zu dem Zeitpunkt genau – sich mit Ivan zu arrangieren ist die einzig zielführende Vorgehensweise.

Er lud Ivan auf einen weiteren Kaffee ein, und plauderte mit ihm über’s Wetter, über die Preise und die Touristen, die bald kommen werden.

Zwei Wochen später rief Karl Ivan an:

„Ivan, die Terrasse. Wie sieht es aus? Meine Gäste kommen morgen!“

Ivan, der an diesem Tag mit seinen Cousins den selbst geernteten Wein des letzten Jahres probierte, antwortete:

„Ach, Herr Karl, pomalo! Der Stein ist unterwegs – er kommt nächste Woche. Man soll nichts überstürzen. Es wird perfekt, aber pomalo!“

Eine weitere Woche verging, die Gäste von Karl waren bereits abgereist, er traf Ivan Montag Vormittag in der Konoba in einer kleinen Seitengasse zum nördlichen Teil der Stadtmole in Sali.

„Ivan,“ sagte Karl, schon leicht resigniert, „die Terrasse ist immer noch nicht fertig. Die Steine sind da – ich habe sie gesehen, sie liegen seit Tagen gleich hinter der Mole – warum arbeiten Sie nicht?“

Ivan lächelte, winkte mit der Hand ab, klopfte Karl auf die Schulter und bestellte noch ein Glas Wein.

„Pomalo, Herr Karl, pomalo!

Wenn wir jetzt schnell arbeiten, dann ist der Stress da, und der Stress ist nicht gut für die Qualität.

Und wenn die Terrasse fertig ist, was machen Sie dann? Dann müssen Sie ein neues Projekt finden.

Wir sorgen uns darum, dass Sie entspannt bleiben und die Vorfreude genießen können!“

Karl lachte mit Ivan und obwohl sich in der Sache selbst nicht’s tat, war ihm  auf eine gewisse Weise wohl dabei.

Er bestellte auch Wein und verbrachte mit Ivan einen jener herrlichen Vormittage, für die Dalmatien so bekannt ist.

Sieglinde wartete diesmal bis in den frühen Nachmittag mit dem Mittagessen „pomalo…“

Für Karl wurde im Laufe des letzten Jahres einiges klar!

Es ging nicht nur darum, langsam zu arbeiten. „Pomalo“ war eine ganze Philosophie.

Es war die freundliche Weigerung, sich von der Uhr beherrschen zu lassen, die Priorität des Moments über die Aufgabe, und die charmante Art, Stress und Hektik aus dem Leben und von der Insel fernzuhalten.

Die Terrasse wurde letztendlich drei Monate später fertig – pünktlich zum Ende der Saison – aber sie war tatsächlich wunderschön.

Und Karl?

Der saß mit Sieglinde auf seiner neuen Terrasse, genoss den Sonnenuntergang über dem angrenzenden Olivenhain, genoss sein Glas Wein und dachte lächelnd:

„Ma, pomalo…“